HANDELSBLATT ONLINE, 30.04.2021
Innerstädtische Wohn- und Geschäftshäuser mit reichlich Leerstand – was viele Investoren in diesen Zeiten abschrecken dürfte, trifft genau den Geschmack der beiden Brüder Moritz und Philipp Kraneis, Gründer des Wohnbestandshalters Deutsche Zinshaus.
Mit ihrer neuen Plattform Deutsche Wohn- und Geschäftshaus (DWG) kaufen sie ‚Problemimmobilien, die eigentlich keine sind, weil es sich um eine gute Lage handelt, der Eigentümer es aber nicht versteht, den Leerstand abzubauen und den Objektwert zu heben‘, erläutert Moritz Kraneis. Wichtig sei bei den Immobilien, dass die Lage, ‚die Hardware‘, stimme. ‚Wenn bei solchen Objekten im Erdgeschoss auf der Einzelhandelsfläche Leerstand herrscht, haben wir dafür gute Lösungen.‘
Wie diese aussehen, sei immer einzelfallabhängig. ‚Das können beispielsweise Gastro-Mieter an einem Marktplatz mit Außenflächen sein oder Einzelhändler, die bisher noch nicht so stark vertreten sind, aber expandieren möchten.‘ Vorstellbar ist laut Kraneis auch, dass die Erdgeschossfläche zu einem Zugang zum ersten Obergeschoss umfunktioniert werde. ‚Um passende Konzepte für Leerstandsflächen zu finden, müssen Sie stets die Augen offen halten und nach links und rechts schauen.‘
Die Immobilien, die DWG im Visier hat, befinden sich in der Regel in den Haupteinkaufsstraßen der mittelgroßen Städte mit 40.000 bis 100.000 Einwohnern. Der jüngste Deal ist das Geschäftshaus Brüderstraße 37-39 in Soest mit rund 6500 Quadratmeter Nutzfläche. Für die Flächen im ersten und zweiten Obergeschoss von zusammen 2900 Quadratmetern sucht DWG Nachmieter.
Genau genommen müssten die DWG-Zielobjekte nicht Wohn- und Geschäftshäuser, sondern Geschäfts- und Wohnhäuser heißen. Liegt doch der gewerblich genutzte Teil der Flächen üblicherweise deutlich über 50 Prozent und in der Regel zwischen 75 und 85 Prozent. ‚Im Erdgeschoss Einzelhandel, darüber Büros oder Arztpraxen und ganz oben Wohnungen. Also genau das, was momentan nicht jeder sucht‘, ergänzt Philipp Kraneis. Davon gebe es derzeit relativ viel Produkt am Markt und somit eine gute Chance, antizyklisch zu investieren. Schnäppchen schießen sie dabei keine: ‚Discountpreise sehen wir aktuell nicht.‘
Bei der Auswahl der Objekte setzen sie auf IT-Unterstützung. Eine maßgeschneiderte Software hilft bei der Filterung der passenden Objekte. ‚Wir prüfen etwa 40 Angebote pro Tag. Die Software bildet unsere Arbeitsprozesse ab und hilft uns dabei, schneller zu einer konkreten Einschätzung zu den einzelnen Immobilien zu kommen‘, erläutert Daniel Jehl, neben den
Kraneis-Brüdern der dritte Geschäftsführer im Bunde.
Als Ziel haben sich die drei DWG-Manager vorgenommen, bis Ende 2022 ein Portfolio von 100 Millionen bis 150 Millionen Euro aufgebaut zu haben. Dafür wird ein recht großer Dealflow nötig sein, denn die bevorzugten Losgrößen für die einzelnen Immobilien liegen Jehl zufolge zwischen drei und sieben Millionen Euro. ‚In dieser Größenordnung sind so gut wie keine Privatinvestoren unterwegs – und die großen institutionellen Investoren sowieso nicht. Das ist also unsere Nische.‘
Gekauft wird zunächst mit eigenem Geld. Wenn der Bestand eine gewisse Größenordnung und Diversifikation erreicht habe, werde man auch auf externe Investoren zugehen. Zur Strategie gehöre außerdem, sich von Immobilien vorzeitig zu trennen, ‚wenn das Potenzial ausgeschöpft ist und wir einen guten Preis geboten bekommen. Wir sind Bestandshalter, aber keiner der an den Immobilien festhält‘, sagt Jehl.
Katzung, Nicolas